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Kurz kommentiert: Bundestagswahl 2017, Teil 2

Das ist der zweite Teil meines gestrigen Vortrags zur Wahl des Deutschen Bundestags 2017 an der Higher School of Economics: (Teil 1: siehe unten)

Freie und Hansestadt Hamburg, Elbphilharmonie

Allgemeine Schlussfolgerungen

1. Wahlumfragen verlieren immer mehr ihre Fähigkeit, Stimmungen und Meinungen in der Bevölkerung unverzerrt abzubilden.
Das hat methodische Gründe.

Und das hat politische Gründe.

Meinungen, die von der Auffassung organisationsmächtiger Gruppen abweichen, werden erstens ignoriert und zweitens bisweilen stigmatisiert.
Beides verzerrt Vorhersagen und führt dazu, dass die Vorhersagen von den tatsächlichen Wahlentscheidungen abweichen.
Zwei konkrete Beispiele sind die Flüchtlingspolitik, und die sog. Ehe für Alle.
Dieses Muster ist nicht neu. Das Muster konnte man bereits bei Brexit-Entscheidung in GB, und den US-Präsidentenwahlen beobachten.

2. Es gilt weiterhin das Gesetz des economic voting.
Warum wählen die Leute dann überhaupt noch die ehem. Regierungsparteien?
Das hat mehrere Gründe.
Einer ist: Weil es ihnen immer noch relativ gut geht.
Die Theorie des economic voting besagt, dass Wähler die Parteien belohnen, die in einer Zeit des wirtschaftlichen Aufschwungs an der Macht waren.
Wähler geben den Parteien ihre Stimmen, denen sie die größte wirtschaftspolitische Kompetenz zuschreiben.
Die makroökonomischen Kennzahlen für Deutschland sind sehr gut. Ein hoher Handelsbilanzüberschuss, die Zahl der Erwerbstätigen steigt, die Steuereinnahmen steigen.
Davon profitieren zwar nur einige wenige.
Die Zahl von Zeitverträgen und working-poor steigt ebenfalls. In der öffentlichen Wahrnehmung bleibt das aber nicht so hängen, wie historisch niedrige Inflationsraten, Arbeitslosenquoten und eine schwarze Null im Bundeshaushalt.

Diskussion:
Was bedeuten die Ergebnisse für das Verhältnis Deutschland-Russland?
Realistische Einschätzungen und Vorstellungen über eine künftige deutsch-russische Zusammenarbeit und damit Druck für eine Aufhebung der Sanktionen gegen Russland kommen z. Z. nur aus der Wirtschaft selbst.
Die unrealistische Fehleinschätzung bestand darin, dass ein mögliches neues Freihandelsabkommen mit den USA den Ausfall im Russlandgeschäft kompensieren wird. Das ist nicht der Fall.
Firmen wie BASF (Wintershall, North-Stream II), aus dem Maschinenbau, oder Dienstleister wie Bilfinger verstehen, dass China in der Zwischenzeit seine Position in Russland ausbaut und zwar mengenmäßig, und auch was die Qualität angeht

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Kurz kommentiert: Bundestagswahl 2017

Berlin, mit Blick auf den Fernsehturm

Dr. Julia Pasko, Associate Professor an der Higher School of Economics, hatte mich gestern Abend eingeladen, an Ihrem Deutsch-Klub teilzunehmen und die Bundestagswahl 2017 zu kommentieren. In ihrem Deutsch-Klub am Institut für Deutsch als Fremdsprache an der HSE treffen sich alle zwei Wochen Studenten und Dozenten der HSE, dem ebenfalls renommierten Institut für Internationale Beziehungen (MGIMO) und eingeladene Referenten und diskutieren aktuelle Themen aus Deutschland und Russland – und zwar ausschließlich auf Deutsch!
Ich bin der Einladung sehr gerne gefolgt, hier ist, was ich gesagt habe:

Guten Abend, meine Damen und Herren,
vielen Dank für Ihre Einladung. Ich freue mich sehr, heute an Ihrem Deutsch-Klub teilzunehmen.
Ich werde fünf Einschätzungen und Thesen zur Bundestagswahl 2017 vorstellen. Das sind meine persönlichen Einschätzungen, sie geben keine offizielle Position der HSE wieder.

1. Fakten und Voraussetzungen: Wir beginnen mit den Fakten.
Das Wahlrecht zum deutschen Bundestag ist ein personalisiertes Verhältniswahlrecht.
Die Hälfte der Angeordneten-mandate wird in den 299 Wahlkreisen vergeben.
Die restlichen 50 Prozent proportional zu den Zweitstimmen über die Landeslisten.
Es ist kein reines Verhältniswahlrecht (proportional).
Aber auch nicht wie in Großbritannien: the winner takes it all.
Landeslisten heißt nicht wie in USA Wahlmänner (indirekte Wahl).
Landeslisten bedeutet: ohne Partei hat eine Person praktisch keine Chance, in den Bundestag einzuziehen

Das deutsche Wahlrecht zum Bundestag hat bzw. führt in der Realität zu zwei Eigenheiten:
Überhangmandate (so viele wie noch nie zuvor) und Ausgleichsmandate
Der Bundestag wird immer grösser.
Der neue Bundestag hat 709 Mitglieder statt eigentlich 598 (299 Wahlkreise).
Gewinnt eine Partei sehr viele Direktmandate, ist sie stärker bei den Erststimmen, als bei den Zweitstimmen, erhält sie Überhangmandate.
(„Überhangmandate entstehen, wenn eine Partei bei der Wahl zum Bundestag mehr Direktmandate über die Erststimmen erhält, als ihr Sitze im Bundestag gemäß der Anzahl der Zweitstimmen zustehen. Das hat zur Folge, dass der Bundestag sich über die vorgesehene Anzahl von 598 Mandate[n] hinaus erweitert.“ https://www.bundestag.de/service/glossar/glossar/U/ueberh_mandate/245552)

Ausgleichsmandate gleichen Überhangmandate aus, sie gibt es seit 2013.

Die zweite Eigenheit ist die 5 Prozent Klausel
Sie hält kleinere Parteien (rechtsextreme, linke und religiöse Sekten; Piraten und Rentnerparteien, vor 4 Jahren auch die FDP) aus dem Bundestag.

1. Erstimmenmehrheiten
Abb. 1 zeigt die Erstimmenmehrheiten in allen 299 Wahlkreisen.
(Karte Erststimmen)

Die Abb. hält vier relevante Informationen bereit:
1. Kandidaten der Unionsparteien haben die meisten Direktmandaten geholt, mit unterschiedlich großem Abstand zum nächsten Bewerber.
Bayern spielt eine Sonderrolle: In Bayern schwanken die Abstände zum nächsten Bewerber nicht so stark, sie sind homogener und auf deutlich höherem Niveau.
D. h. in Bayern gewinnt niemand gegen die CSU ein Direktmandat.
(Außerhalb Bayerns gibt es stärkere Schwankungen.)
(Der Parteienwettbewerb ist in Bayern schwächer als in den anderen Bundesländern.)
Kandidaten der Unionsparteien sind, mit Ausnahme von Niedersachsen im ländlichen, Raum am erfolgreichsten.

2. In einigen wenigen Wahlkreisen in Nordrhein Westfalen und Niedersachsen ist die SPD noch so stark, dass sie Direktmandate holt.
(In Salzgitter (NDS) beträgt der Abstand des SPD-Kandidaten zur CDU 13,7 %.)
(In Hersfeld / Rotenburg (Wahlkreis) (NDS) 11,2 %.)
(In Bochum Herne II (NRW) betragt der Abstand zur CDU 17,7 Prozent.)
(Diese Beobachtung deckt sich auch mit dem relativen Sieg der SPD bei der Niedersachsen-Landtagswahl)

3. Die AfD holt drei Direktmandate, alle drei in Sachsen.
Das ist außergewöhnlich und demonstriert die regionale Stärke der Partei in Sachsen.
Im Wahlkreis Sächsische Schweiz-Ostererzgebirge beträgt der Abstand bei den Erststimmen zum CDU-Kandidaten 8,6% (petrolfarben).

4. Die Partei die LINKE holt 5 Direktmandate, vier in Berlin und eins in Leipzig II (Wahlkreis).

5. Die Grünen holen ein Direktmandat in Berlin Friedrichshain-Kreuzberg.
2. Ergebnisse nach Zweitstimmen

Die Grafik hält vier Informationen bereit:
1. CDU (26,8 Prozent) und CSU (6,2 Prozent) bilden im Bundestag eine Fraktionsgemeinschaft, sind stärkste Kraft gemessen an den Zweitstimmen.
Die SPD kommt auf Platz 2, gemessen an den Zweitstimmen.
Es folgen AfD (12,6), FDP (10,7), Linke (9,2) und Grüne (8,9).

2. Alle drei Regierungsparteien haben im Vergleich zur Bundestagswahl 2013 deutliche Verluste bei den Zweitstimmen erlitten:
CDU (-7.4 Prozentpunkte) und CSU (-1.2 Prozentpunkte).
Die SPD hat Verluste erlitten (-5.2 Prozentpunkte).
Der hohe Verlust an Zweistimmen bei den Unionsparteien ist für mich eine Überraschung.
Das schlechte Abscheiden der SPD ist keine Überraschung, das stand vorher fest.

3. Die AfD ist drittstärkste Kraft gemessen an den Zweitstimmen.
Ich habe hier an gleicher Stelle im April auf der Konferenz „Welt und Wissenschaft“ bereits gesagt: die Flüchtlingskrise führt zu politischen Verwerfungen. Und das ist so eine politische Verwerfung.
Die Überraschung ist, dass die Partei trotz der Kampagnen gegen sie, und trotz ihrer internen Querelen (mit mehreren Putschen) 12,6 Prozent der Zweistimmen erhalten hat.
Ideologisch und auch personell (A. Gauland) kommen Teile der AfD aus der hessischen CDU. Es gibt Personen aus dem offen rechtsextremen Spektrum (v. a. Sachsen). Weitere Ursprünge hat die Partei in der Kritik an der megaexpansiven Geldpolitik und der Staatsfinanzierung der EZB durch Anleiheankäufe.
Die scharfen öffentlichen Auseinandersetzungen mit der Partei sind sowohl ideologischen Konflikten (links-rechts) als auch dem Parteienwettbewerb um Wählerstimmen geschuldet.

FDP, Linke und Grünen widmen wir aus Zeitmangel keine weitere Analyse.

3. Schlussfolgerungen
Ich gebe eine konkrete Prognose ab:
Es wird jetzt eine Jamaika-Koalition aus vier Parteien geben: CDU, CSU, Grünen und FDP.
a. Die Verhandlungsmasse ist mit prognostizierten ca. 40 Milliarden Steuermehreinnahmen im Bundeshaushalt bis 2021 groß genug für eine Einigung (Befriedigung von Partikularinteressen, dazu zählen Subventionen für erneuerbare Energien, e-Cars und Abschaltprämien für Kohlekraftwerke). Das ist der Hauptgrund.
b. Anderen Konstellationen klappen nicht; es reicht nicht für Schwarz-Gelb
c. Es gibt auf Landesebene bereits Testläufe dieser Konstellation, u.a. in SH, und BW.

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Herbst im Herbst, Sommer im Winter

Berlin, Germany’s capital, saw 20°C today, which I consider to summer season temperature. Climate change, if it exists, has not reached Moscow, Russian Federation’s capital, yet; a mere 7° C today. Plain autumn in mid-October. This post features some impressions:

Colors, colors, …

Yellow carpet

У нас осень – autumn arrived

Pick one (in case any birds are reading my blog)

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Paris, go for it!

Paris will ban diesel-engine cars from its boulevards starting from 2024. And in 2030 all combustion-engine vehicles will follow in disappearing from the city’s streets, according to plans from Anne Hildalgo, the Frech capital’s mayor, that were reported across several newspapers today.

Right you are! In an attempt to free les Patrigotes from toxic pollution Mrs Hildalgo reportedly focus on three measures: public transportation, e-cars and bicycle-renting stations across the city. 

This bold approach should become a role model for the about 80 German cities, such as Stuttgart, Munich or Düsseldorf, facing the same issue; several of them are expected to see car bans ruled by local administration court following continuous  exceeding of EU limits on particulate pollution.

Moscow’s city administration might be interested in peer learning from Paris as well, at least Paris‘ notable approach is highly appreciated by the author. (In fact environmental and cultural constraints for administrative action slightly vary between the Russian and the French case; but this will be a topic in one of my upcoming modern public management classes at the Higher School of Economics)

A capital worth having a walk in: Paris, go for it!

Hacked off from a jam-packed campus environment? Do it the Paris way. Peak hour congestion next to the Higher School of Economics
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Front-liners

This is how we do it: Renovation of a pedestrian passage

In my classes I am talking a lot about goal ambiguity, multiplicity, and complexity. I am regulary asking my students to solve creativity tasks during my classes in order to deepen their understanding of issues and constraints in real adminstrative life. 
Observing front-line professionals at work, such as train drivers, construction workers and engineers, is rewarding because it enlarges my view on all this issues. 

I am take care of your smooth ride home

We are taming the curbstone ghost

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City Lights II

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Industrial policy, back then

Commuting on Moscow’s metro can be so educative. This morning I stumbled into into a retro-style wagon honouring the Red Flash. The Red Flash was the back then young Soviet union’s first and thus prestigious bullet speed train connecting two capitals, Leningrad (aka St. Petersburg, the former capital during prerevolutionary times), and Moscow (the incumbent capital).

The Red Flash had his virgin passage in the night between 9 and 10 November 1931.

The history poster I was facing and thus studying during my daily morning ride (at the expense of the latest issue of Harvard Business Review, also inspiring though a bit overpriced) further informed me that the train was equipped with the latest technical gadgets.

The Red Flash became a symbol of the young Bolshevik’s state’s industrial policy. 

Today trains from Germany’s Siemens serve this route.

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Them v us


Another advertisement poster from Moscow’s e-government promotion campaign. It reads „you are many [customers]- [but] I am alone on myself“; this crying refers to a common excuse by fron-line public servants for delay in service delivery. The poster further reads „you won’t hear these excuses on mos.ru“, the city’s e-government platform.

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Золотая осень – Indian summer

Absolutely nothing in this blogpost relates to public administration. To my knowledge providing wonderful weather not falls into any government’s agency official responsibilities (for the moment I will glimpse over a discussion whether is still holds true for Moscow’s annual May Day parade).

Moscow, October 4
Moscow, October 4
Moscow, October 4
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12m v 4m

German federal government sponsors the questionable rebuilding of a military church in Potsdam’s city center with 12m euros. Simultaneously the same city’s local government fails to get a 4m federal funding for a dozen of social projects, including three community centers.

12m v 4m.

Potsdam is among the most beautiful cities in Germany; beyond or maybe due to its green landscape and world heritage buildings a 30 minutes local train ride away from Berlin it is also among the fastest growing ones in Germany.

But here is the actual story: Recently German federal government has announced that a foundation aiming at rebuilding a military church in the city center (Garnisonkirche) may expect a 12m funding, soon. Given the fact that Potsdam is home to Sanssouci, the royal palace of the former Prussian king Frederick the Great, as well as a dozen of other architectural landmarks, this rebuilding is plainly senseless. Even more given the fact that Potsdam’s city government lacks funding for implementing social policy programs that will increase well-being of community members. Given this common lack of funding beyond social entitlement induced by federal legislation (also see a past blog post on this issue last month) the city’s social policy department  applied for funding from a new federal program on social integration. They hoped for funding for three community centers, and measures to integrate migrants. However, they reportedly failed to pass even the first round of the selection process.

Now, this might simply coincide by random; the purpose of expert review is to sort out poor project applications. Maybe. To me this anectode sheds light on two issues: poor local public finances and weird intergovernmental relationships. Since the latest round of constitutional reform in 2009 federal government is not allowed to directly fund local government task fullfillment. By declaring the rebuilding of a military church an issue of national interest federal government by-passes this notion and dumbs 12m of tax payers money (12m do cover only the very first stage of construction, given a lack of proper consequential  funding, and widespread opposition from civil society this project is very likely of never being accomplished). Meanwhile local social policy departments across the country continue to waste their spare time and womenpower to beg for peanuts in an attempt to do some useful things on the ground. Weird.