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Chemie Geschichte

»Das ist Aufklärung!« – die neue DHM-Ausstellung in sechs Exponaten

Das Zeitalter der Aufklärung, oder Erleuchtung (von englisch Enlightment) beschreibt eine Epoche neuen Denkens und wissenschaftlichen Arbeitens im 17. und 18. Jahrhundert. Das Deutsche Historische Museum (DMH) in Berlin teilt vom 18. Oktober 2024 bis Ende Februar 2025 erlesene Exponate aus jener Epoche mit seinen Besuchern. Für diesen Post habe ich sechs Exponate ausgewählt. Anhand dieser sechs zeitgenössischen Quellen beleuchte ich die neue DHM-Ausstellung.

1789 stürmten bewaffnete Männer und Frauen die Bastille im Herzen von Paris, in der Hoffnung, politische Gefangene der verhassten Bourbonen zu befreien, und – um in einem vor allem symbolischen Akt – ein Sinnbild des antidemokratischen Absolutismus zu bezwingen. In der Festung befanden sich zu diesem Zeitpunkt lediglich sieben Gefangenen. In sehr viel größere Zahl lagerte die Staatsmacht dort pornografische, politisch-satirische und philosophische Schriften, die den Argwohn der Zensur erregt hatten. Das Bild vom Sturm auf die Bastille avancierte zum Sinnbild der Französischen Revolution. Eine Reproduktion des Originalschlüssels der Bastille, unsere erste Quelle, erhielt George Washington, der erste Präsident der Republik USA später als Geschenk und Anerkennung für seine Leistungen bei der Etablierung der neuen Staatsform Republik in 13 ehemaligen britischen Kolonien.

Quelle 1: Schlüssel der Bastille, Reproduktion, 1789, Exponat des DHM.

Im gleichen Jahr 1789 veröffentlicht der umtriebige Chemiker Antoine Lavoisier seine Erkenntnisse über den Erhalt der Masse bei chemischen Reaktionen. Durch präzise Messungen mit einer sorgfältig geeichten Waage demonstriert Lavoisier in Experimenten, dass Masse etwa bei Oxidationen von Metallen nicht verschwindet, sondern in den Reaktionsprodukten erhalten bleibt. Lavoisier etablierte damit die Kernelemente moderner empirischer Wissenschaften: sorgfältiges beobachten, messen und wiederholbares experimentieren. Die Chemie geht in Folge dieser »Erleuchtungen« im 17. und 18. Jahrhundert den endgültigen Schritt von der mittelalterlichen Alchemie zur modernen Grundlagenforschung. Lavoisiers Präzisionswaage glänzt als Exponat und zweite Quelle unserer Zeitreise somit hell wie eine Stoffprobe oxidierenden Eisens.

Quelle 2: Präzisionswaage des französischen Chemikers Antoine Lavoisier, erste Hälfte des 18. Jahrhunderts. Exponat des DHM.

Friedrich II., König von Preußen, verkörpert den Prototyp eines »aufgeklärten Monarchen«. Er erkannte früher als andere Monarchen den Wert der importierten Nutzpflanze Kartoffel für die Ernährung seiner »Untertanen«. Er pflegte eine anregende, wenn auch nicht immer spannungsfreie enge Bekanntschaft, ein weiterer Modebegriff der Aufklärung, mit dem französischen Philosophen und Lästermaul Voltaire. Von dieser »wohlkalkulierten Freundschaft« (Kättlitz, 2024) erhoffte Voltaire sich Schutz (Voltaire handelte mit illegalen Wertpapieren), Renommee und Policy-Impact. Friedrich II. wiederum trieb ein durchaus aufrichtiges Interesse an den Idealen der Aufklärung. Die Figurengruppe Friedrich II und Voltaire, unsere Quelle 3, entstanden um 1767, aus der Volkstedter Porzellanfabrik veranschaulicht diese Bekanntschaft, die Friedrich den Spitznamen »Philosophenkönig« einbrachte.

Quelle 3: Figurengruppe Friedrich II. und Voltaire, 1767, Exponat des DHM.

In Preußen endete die Aufklärung bereits kurz nach dem Ableben des Alten Fritzen. Sein Sohn Friedrich Wilhelm II. erließ 1788 ein »erneuertes Zensur-Edict für die Preußischen Staaten exclusive Schlesien«. Die Verordnung schränkte die Presse- und Publikationsfreiheiten in Preußen wieder ein. Unsere Quelle 4 setzte damit einen Schlussstrich unter die lebhaften Debatten unter besitzenden und gebildeten Bürgern, die sich in Salons und Kaffeehäusern, in Büchern über Lüttich vertriebene Bücher, billigen Raubdrucken und Zeitungen vollzog.

Quelle 4: Zensuredikt von Friedrich Wilhelm II., 1788. Exponat des DHM.

Jochen Kalbitz merkt in seiner Ausstellungskritik in der FAZ zu Recht an, dass die Aufklärung bereits im 17. Jahrhundert anläuft. Als bestes Beispiel dafür dient sicherlich ein wegweisendes Werk des Briten John Locke.

Quelle 5: John Locke, 1690, Two Treaties of Government, Exponat des DHM.

In seinen »Zwei Abhandlungen über die Regierung«, die uns das DHM im englischen Original präsentiert (»Two Treatise of Government«), formuliert Locke bereits 1690 die Grundlagen der modernen Gewaltenteilung, die wir später in Montesquieus französischem Werk »Über den Geist der Gesetze« – in der Ausstellung natürlich ebenfalls zu bewundern in der französischen Originalausgabe »De L’Esprit des Loix« (Quelle 6) – wieder finden werden.

Quelle 6: Montesquieu, L’Esprit des Loix, 1749; Exponat des DHM.

Fazit: die Ausstellung teilt »atemberaubende« Exponate – wenn man historisches Vorwissen mitbringt. Schüler der Klasse 7 werden diese Begeisterung kaum teilen (können), dafür kommt die Ausstellung zu sehr im traditionellen Modus daher. Wer in Klasse 11 bereits Locke, Montesquieu, Rousseau mit Erkenntnisgewinn als Quellen analysiert hat, wird einige Aha-Effekte erleben.

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Endotherme oder exotherme chemische Reaktion?

Chemische Reaktionen offenbaren sich anhand von drei Eigenschaften:

1. Stoffumwandlung: aus Ausgangsstoffen entstehen Reaktionsprodukte mit neuen chemischen Eigenschaften

2. alle chemischen Reaktionen benötigen Aktivierungsenergie, um die Teilchen der Ausgangsstoffe in einen „aktivierten“ Zustand zu bringen. Manchmal reicht dafür ein Streichholz (Verbrennung eines Taschentuchs), öfter braucht man aber einen Gasbrenner (Oxidation von Magnesium).

3. Chemische Reaktionen sind begleitet von Energieumwandlung.

Versuchaufbau zur Analyse von blauem Kupfersulfat (c) Dr. Tim Jäkel, 2024.

Ein Schülerexperiment zur Analyse und Synthese von Kupfersulfat in Klasse 7 demonstriert überzeugend den Unterschied zwischen endothermer und exothermer Reaktion. Das Experiment verdeutlicht außerdem, dass sich chemische Reaktionen umkehren lassen.

Versuchaufbau zur Analyse von blauem Kupfersulfat (c) Dr. Tim Jäkel, 2024.

Beim Erhitzen von blauem Kupfersulfat entstehen die Reaktionsprodukte Wasser und weißes (wasserfreies) Kupfersulfat. Es muss ständig Wärme zugeführt werden, damit die Reaktion abläuft. Das ist eine endotherme Reaktion.

Reaktionsprodukt weißes Kupfersulfat (c) Dr. Tim Jäkel, 2024.

Wir können die Reaktion leicht wieder umkehren: Geben wir Wasser zu weißem Kupfersulfat, entsteht erneut blaues Kupfersulfat. Die Stoffumwandlung gibt Wärme an die Umgebung ab. Das ist eine exotherme Reaktion.

Versuchsaufbau Synthese weißes Kupfersulfat, (c) Dr. Tim Jäkel, 2024.
Die Temperatur liegt vor der Zugabe von Wasser bei 25°C – und schießt nach Zugabe von Wasser in 5 Sekunden auf 50°C, (c) Dr. Tim Jäkel, 2024.
Reaktionsprodukt ist (wieder) blaues Kupfersulfat, (c) Dr. Tim Jäkel, 2024.
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Kalkwasserprobe: Stahl, CO2 und Helium

Nicht weit von unserem MINT-Gymnasium in Frankfurt an der Oder kochen und walzen große Töpfe und Maschinen im EKO Eisenhüttenstadt Eisen und Stahl. Der große Topf – der das angelieferte Eisenerz einschmilzt – läuft 24/7; 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche, 366 Tage im Jahr. Die großen Töpfe – das sind die Hochöfen. Der Hochofen darf nie stehen bleiben, sonst wäre alles verloren. Aus Eisenerz gewinnt er Roheisen. Dem Roheisen werden noch weitere Metalle beigefügt, Chrom, Nickel, oder Mangan; hinzu kommt eine Prise Kohlenstoff – fertig ist die Legierung Stahl. Der Reinstoff wird flach gewalzt, kalt oder heiß, und transportiert in alle Regionen unseres Landes und darüber hinaus.

Ein großflächiges Gemälde am alten Lichtspieltheater der Jugend im Herzen Frankfurts (Oder) führt dieses angewandte Chemie jedem vor Augen. Sechs gewaltige Hochöfen (heute sind es noch drei) werden umrahmt von mächtigen Rohren. Lastkähnen auf dem Oderkanal versorgen das Werk mit dem Energieträger Kohle. Weiße Rauchschwaden der Rohre und Türme umkreisen die Friedenstauben. Über allem scheint und freut sich die Sonne. Idylle pur – nur einige Details trüben diese Idylle.

Stahl wurde und wird gebraucht für den Bau und die Instandhaltung eines Landes. Trotzdem steht die Stahlherstellung auch bei ArcelorMittal Eisenhüttenstadt (AMEH) vor einem Umbruch. „Grüner“ soll er werden, der Stahl. Was es damit auf sich hat, was das mit Chemie in Klasse 7 und dem Thema Gase zu tun hat, erklärt dieser Beitrag anhand eines kleinen Experiments detaillierter.

Um den Hochofen gleichmäßig auf hoher Temperatur zu halten, benötigt man große Mengen an Kohle und Gas. Verbrennen diese traditionellen, fossilen Energieträger, setzen sie neben Wärme auch große Mengen an Kohlenstoffdioxid frei. Die Kohlenstoffatome in Gas und Kohle reagieren nur zu gerne mit dem Sauerstoff, der zu 21% in der Luft enthalten ist. Jeweils ein Kohlenstoffatom geht im jedem CO2-Molekül eine chemische Bindung mit je zwei Sauerstoffatomen ein – C[1]O2.

Die Stahlherstellung in ihrer bisherigen Form setzt erhebliche Mengen an Kohlenstoffdioxid frei, ein geruch- und farbloses Treibhausgas, zugleich ein natürlicher Bestandteil der Luft (0,034%). Um den CO2-Ausstoß zu verringern, experimentiert ArcelorMittal mit Direktreduktionsverfahren, Elektrolichtbogenöfen und Eisenschwamm. Die EU hat kürzlich erhebliche Subventionen der Bundesregierung zur Ko-Finanzierung der kostenintensiven Umstellung der Produktionsverfahren und -anlagen genehmigt. Aber das ist noch Zukunftsmusik. Zurück zur Chemie im Hier und Heute.

Wie lässt sich das geruch- und farbloses Treibhausgas Kohlenstoffdioxid überhaupt nachweisen? Kohlenstoffdioxid löscht eine Kerzenflamme – das tut Stickstoff allerdings auch. Der Kerzentrick ist ein Hinweis, aber kein eindeutiger Nachweis von CO2.

Einen eindeutigen Nachweis von Kohlenstoffdioxid liefert uns die Kalkwasserprobe. Bei Kalkwasser handelt es sich um eine klare wässrige Lösung des Calciumhydroxids. Calciumhydroxid bildet mit Kohlenstoffdioxid einen Niederschlag. Mit diesen Informationen und ihrem Vorwissen können die Schüler in Klasse 7 daraus eine einfache Versuchsanordnung ableiten. Sie formulieren idealerweise auch die Erwartung, dass sich die klare Lösung eintrübt und ein weißer Niederschlag bildet.

In einem Reagenzglas mit Ansatzrohr und Gummischlauch wird aus 25%-iger-Essigsäure und einer Natrontablette Kohlenstoffdioxid dargestellt. Durch den Schlauch wird das Kohlenstoffdioxid direkt in ein Becherglas mit Kalkwasser (gelöstes Calciumhydroxid) eingeleitet. Und siehe da: kleine Bläschen zeigen erstens an, dass Gasbildung stattfindet. Zweitens trübt sich die klare Lösung nach einiger Zeit wie erwartet ein.

Vertrauen (in den Lehrer) ist gut – Kontrolle ist besser: Das Experiment wird mit einer in Wasser gelösten Brausetablette wiederholt. Erfreulicherweise stellt sich der gleich Effekt ein.

Zwei Reagenzgläser mit Ansatzrohr leiten Kohlenstoffdioxid in eine klare wässrige Caliumhydroxidlösung (Kalkwasser) ein. In beiden Fälle trübt sich die Lösung. (c) Dr. Tim Jäkel.

Eine wirkliche Kontrolle bietet die Durchführung des Versuchs mit Helium (He) anstelle von CO2. Das Helium wird aus einem handelsüblichen Gasbehälter direkt eingeleitet – und es passiert im Gegensatz zum CO2-Becherglas nebenan…..

In das linke Becherglas mit farblosem Kalkwasser wird das reaktionsträge Edelgas Helium eingeleitet, in das rechte dagegen Kohlenstoffdioxid (dargestellt aus einer gelösten Brausetablette). (c) Dr. Tim Jäkel, 2024.
Links Kalkwasser, in das Helium eingeleitet wurde; rechts Kalkwasser, in das Kohlenstoffdioxid eingeleitet wurde. Nur das Kalkwasser im rechten Becherglas trübt sich ein. Die Kalkwasserprobe ist ein Nachweisverfahren für Kohlenstoffdioxid, nicht für Helium. (c) Dr. Tim Jäkel, 2024.

… nichts.

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Fritz Fuchs goes Chemistry

NAWI- und Chemielehrer in der SEK I aufgepasst: in der ZDF-Mediathek gibt es die Sneak-Preview für eine der coolsten Fritz Fuchs-Folgen ever! „Chemie – Experiment mit Folgen“ 😮 Mit dabei: der Elemente-Rap, das ultimative Flipped-Classroom-Elemente-Suchspiel und, mein persönliches Highlight, das „Vergolden“ einer Kupfermünze! Hier gehts zum Video: ZDF-Mediathek

#chemieunterricht #chemie #schule

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Kerzentrick

„Ich kann allem widerstehen – außer der Versuchung“, beichtet Uwe Ochsenknecht als Fälscher Kujat im Film Schtonk. In einer gut sortierten Buchhandlung ergeht es mir genauso.

Der Moses-Verlag hat in seiner Phäno-MINT-Reihe eine neue Experimente-Box herausgebracht. „75 supercoole Experimente rund um Chemie“. Die Box ähnelt den 75 Experimente mit Licht, Luft etc. Lohnt also der Kauf der Chemie-Version? Ich denke, ja.

Für Klasse 7 sind allein zum Thema Gase fünf einfache Schülerexperimente enthalten, die einen ersten intuitiven Zugang zur Darstellung und dem Nachweis von Sauerstoff und Kohlenstoffdioxid enthalten.

Nutzen Sie doch zum Beispiel die Karte „Kerzentrick“. Sie bietet den Schülern erstens die Möglichkeit,

  • eine naturwissenschaftliche Fragestellung zum Thema Luft und Verbrennungen in einem geschlossenen Raum zu formulieren und
  • diese in einem selbst entwickelten Experiment zu überprüfen.

Verbrennungen – wie bei einer Kerze – benötigen und verbrauchen Sauerstoff.
Sauerstoff ist ein Gas, das in der Luft zu einem bestimmten Anteil (ca. 21%) enthalten ist.

Die Schüler formulieren Erwartungen (Hypothesen) über eine Verbrennung in einem geschlossenen Raum und bestimmen mittels unterschiedlicher Bechergläser (100ml, 200ml, …) den Sauerstoffverbrauch einer brennenden Kerze (Zeit in Sekunden, bis die Flamme unter verschiedenen Bechergläsern erlischt; Volumenanteil Sauerstoff am Gasgemisch Luft).

Für den Aha-Effekt (Video) sorgt natürlich der steigende Wasserstand: Verbrennungsvorgänge verbrauchen Sauerstoff. Die Luft erkaltet, zieht sich zusammen und schafft Platz für das nachrückende Wasser. Es entsteht ein Unterdruck im Glas und das Wasser steigt nach oben.

Der Kerzentrick als Schülerexperiment im Unterricht, 2024. (c) Dr. Tim Jäkel.

Tipp: fügen Sie dem Wasser einige Tropfen Tinte aus ihrem Füller bei. Das erhöht die Sichtbarkeit und den Aha-Effekt 🙂

Der Kerzentrick als Schülerexperiment im Unterricht: Verbrennungsvorgänge benötigen Sauerstoff. Sauerstoff ist zu 21% im Gasgemisch Luft enthalten. Der Docht brennt. (c) Dr. Tim Jäkel, 2024.
Verbrennungsvorgänge verbrauchen Sauerstoff. In einem geschlossenen Raum ist der Sauerstoff limitiert … (c) Dr. Tim Jäkel, 2024.
… die Flamme erlischt daher nach einer gewissen Zeit t, in Abhängigkeit vom Volumen V der Luft im Messbecher. (c) Dr. Tim Jäkel, 2024.
Die Luft erkaltet, zieht sich zusammen und schafft Platz für das nachrückende Wasser. Es entsteht ein Unterdruck im Glas und das Wasser steigt nach oben. (c) Dr. Tim Jäkel, 2024.

Der Kerzentrick als Schülerexperiment im Unterricht: Verbrennungsvorgänge benötigen Sauerstoff. Sauerstoff ist zu 21% im Gasgemisch Luft enthalten. Der Docht brennt. Verbrennungsvorgänge verbrauchen Sauerstoff. In einem geschlossenen Raum ist der Sauerstoff limitiert … die Flamme erlischt daher nach einer gewissen Zeit t, in Abhängigkeit vom Volumen V der Luft im Messbecher. Die Luft erkaltet, zieht sich zusammen und schafft Platz für das nachrückende Wasser. Es entsteht ein Unterdruck im Glas und das Wasser steigt nach oben. Bestimmen Sie den Sauerstoffverbrauch einer Kerze, in ml/Sekunde. (c) Dr. Tim Jäkel, 2024.

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Dicke Luft

Silvesterfeuerwerk und Chemiestunde – die perfekte Kombination, um in der 7. Klasse ins Thema Luft und Gase einzusteigen. Die Schüler entwickeln anhand einer simplen, aber einprägsamen Vorführung erste Hypothesen über Luftschadstoffe. Eine handelsübliche Wunderkerze wird in einem geschlossenen Gefäß verbrannt. In unserem Fall ein 2 Liter Messzylinder. Eindrucksvoll füllt sich der Zylinder zügig mit braunem Rauch. Und am Ende legt sich ein Feinstaubteppich um das Gefäß, das die Wunderkerze gehalten hat.

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Neu im Bücherregal

Ball, Philip (2022): Die Elemente. Entdeckung und Geschichte der Grundstoffe. Bern, Haupt, 225 S., 48,00 Euro.

Fahren Sie vom Zentrum der Kisch-Metropole Prag mit dem Auto 35 Minuten ins böhmische Umland, dann erreichen sie den kleinen Ort Kutna Hora. Sie entdecken dort neben einer bizarren Knochengruft eine wirklich eindrucksvolle und architektonisch einmalige Kathedrale (Abb. 1) Es dauerte fast 500 Jahre, die Kathedrale fertig zu stellen, Gründe für die Verzögerung waren finanziell angespannte Zeiten und die Hussitenkriege.

Abb. 1: Kathedrale der heiligen Barbara, Kutnà Hora, 1388-1905 rekonstruiert in neogotischem Stil (c) Dr. Tim Jäkel, 2019.

Der Reichtum für dieses Bauwerk entstammt den frühneuzeitlichen Silberbergbau in dieser Region. Silber zählt neben Gold zu Kupfer zur Gruppe der Edelmetalle. „Edel“ waren diese Metalle, weil sie für die Münzherstellung verwendet wurde. Die chemische Eigenschaft hinter der Zuschreibung „edel“ ist jedoch die ausgesprochene Trägheit von Gold, Silber und einiger anderer Metalle in dieser Gruppe des Periodensystem, mit dem Sauerstoff in der Luft zu reagieren. Aufgrund ihrer geringen Affinität zu Sauerstoff eignen sich Gold, Silber und auch Kupfer hervorragend zur Schmuckherstellung, oder eben als Zahlungsmittel. Denn wer vertraut schon einer verrosteten Eisenmünze?

Abb. 2: „Silberbergbau in Kutná Hora, Böhmen (heute Tschechische Republik). Aus einem illuminierten Gesangsbuch, 1490, Sotheby’s London.“ Quelle: Ball, Philip (2022): Die Elemente. Entdeckung und Geschichte der Grundstoffe. Bern, Haupt, S. 98.

Diese und unzählige weitere herrlich illustrierte Geschichten über die chemischen Elemente erzählt Philip Ball in seiner jüngsten Publikation aus dem Berner Haupt Verlag. Eindeutige Empfehlung: kaufen!

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Alchemistenstunde in der Schule

„Vergolde“ eine 2-Cent-Münze

Andere Länder, andere Münzen. Glänzt die 5 Jiao-Münze aus China nicht herrlich goldgelb? Wir wissen natürlich, dass nicht alles Gold ist, was glänzt. Vielleicht sollten Sie das auch Ihren Schülern näher bringen, um sie auf das Berufsleben vorbereiten.

Lassen Sie Ihre Schüler in der letzten Chemiestunde vor Weihnachten doch die rot-bräunliche 2-Euro-Cent-Münze versilbern und vergolden.

Achtung Haftungsausschluss

Führen Sie dieses Schülerexperiment nicht ohne Risikobewertung und Gefährdungsabschätzung für Ihre Lerngruppe durch! Beachten Sie insbesondere die GHS-Einstufungen für Zinkstaub!

Schritt 1: „Versilbern“

Das Schülerexperiment besteht aus zwei Phasen. In einem ersten Schritt erhitzen die Schüler eine oder mehrere gereinigte 2-Euro-Cent-Münze (geht auch mit einer 5-Cent-Münze) in einer Natronlauge mit Zinkpulver vorsichtig bis zum Sieden. Dadurch wird die Kupfermünze (Cu, für Kupfer) mit Zink (Zn) überzogen (Abb. 1) Die Schüler spülen die grobe Zinkschicht kurz mit (dest.) Wasser ab. Die Münze verfärbt sich und bekommt einen silbernen Glanz, die Münze wird ,,versilbert“ (Abb. 2).

Schritt 2: „Vergolden“

In einem zweiten Schritt Münze erwärmen die Schüler die Münze mit Hilfe einer Tiegelzange in der Brennerflamme. Die Münze darf dabei nicht glühen. Dabei drehen sie die Münzen regelmäßig im Feuer. Nach kurzer Zeit verwandelt die Münze ihre silbrige Oberfläche in goldgelben Glanz! (Abb. 3). Beim Erhitzen erhält die silber-glänzende Münze eine gold-glänzende Oberfläche die Münze wird „vergoldet“. Tatsächlich findet hier aber eine andere Reaktion statt.

Abb. 3: eine „normale“ und eine „vergoldete“ 2-Euro-Cent-Münze

Nicht-technische Erläuterung

Kupfer (Cu) und Zink (Zn) sind Metalle. Eine Mischung aus einem oder mehreren reinen Metallen bezeichnen wir als Legierung. Legierungen sind zugleich homogene Stoffgemische, die einzelnen Bestandteile sind weder mit dem bloßen Auge noch mit optischen Hilfsmitteln wie Lupe oder Mikroskop zu erkennen.

Legierungen haben andere Eigenschaften als ihre Ausgangsmetalle. Sie sind fester, härter, korrosionsbeständiger und haben i.d.R. eine andere Farbe.

In unserem Experiment verbinden sich die Ausgangsmetalle Kupfer und Zink zu der Legierung Messing. Anders herum ausgedrückt:

Messing ist eine Verbindung der beiden Metalle Kupfer und Zink.

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Silvesterstunde: die Chemie hinter Zinngießen 

Dieser Silvestergag, den viele Supermärkte jetzt vor Silvester feilbieten, macht sich die relativ niedrige Schmelztemperatur des Metalls Zinn zu Nutze. Metalle und ihre chemischen Eigenschaften sind Thema im Chemieunterricht in Klasse 7.

Zinngießen bietet eine perfekte Kombination aus Methodenerwerb (Schmelzpunkt experimentell bestimmen) und Aha-Effekt für die letzte Chemiestunde vor den Weihnachtsferien.

Beim Zinngießen wechselt Zinn zunächst durch Erhitzen vom festen (s, für solid) in den flüssigen (l, für liquid) Aggregatzustand.

Statt einer Kerze wie im handelsüblichen Set verwenden die Schüler einen Gasbrenner. Erhitzt wird in einem Verbrennungstiegel (statt Löffel im Set). Die Menge von 2-3 Gramm Zinn. behalten wir bei. Mit einem Temperaturmessgerät (Infrarotmessung der Oberflächentemperatur) bestimmen die Schüler iterativ einen Näherungswert für den Schmelzpunkt von Zinn. Sie messen unmittelbar nachdem sie die vollkommen flüssige Schmelze vom Feuer genommen haben (die Messung ergibt circa 280-290°C).

Sie beobachten nun, wie die Schmelze wieder erstarrt und messen erneut, sobald die Oberfläche des Zinn wieder in den festen Aggregatzustand übergeht. Aus den Messwerten bestimmen Sie ein Intervall, innerhalb dessen die tatsächliche Schmelztemperatur von Zinn liegt (232°C). Abschließend vergleichen Sie ihren Näherungswert mit dem Wert aus dem Tafelwerk.

Und zum Schluss kommt der Gag: die Schüler schmelzen das Zinn ein weiteres Mal und lassen die Schmelze in eine mit Wasser gefüllte pneumatische Wanne gleiten. Die entstehenden Figuren (siehe Foto), sagen nach antiker Überlieferung die Note in der nächsten Klassenarbeit voraus ;). Die beiden Videos zeigen das ganze Experiment in Kurzform.

P.S. die Einheit für die Temperatur Grad Celsius (°C) wurde vor 300 Jahren vom Schweden Anders Celsius erfunden (kein Scherz).