»Die Zisterzienser spielen im christlichen Europa des zwölften Jahrhundert eine bedeutende Rolle. Besonders wichtig ist ihr Einfluss im Zusammenhang mit der europäischen Expansion nach Osten, in Gebiete jenseits der Elbe. Die Gründung des Ordens geht auf den Bau des Mutter Klosters Citeaux ab 1098 zurück. […] Die zisterzienische Ordensregel beruht auf der Suche nach Abgeschiedenheit und der Autarkie der Abteien, aber auch auf einer solide, netzwerkartigen Organisation der Abteien untereinander.« (Grateloup, 2023, S. 159).
Stiftung Stift Neuzelle (Hrsg.), 2021, Atlas des Zisterzienserstifts Neuzelle. 2. Auflage, Berlin: vbb. ISBN: 978-3-96982-023-0, 30,00 Euro.
Der einzigartige Stiftatlas des Klosters Neuzelle aus dem 18. Jahrhundert veranschaulich diese netzwerkartige Struktur der Zisterzienserklöster exemplarisch für 1268 gegründete Tochertkloster im heutigen Brandenburg, welches damals am Rande des Römischen Reiches liegt.
Der Atlas mit dem barocken Titel »General-Plan Neu-Zellischen Stiffts-Territorii« visualisiert und erfasst mit äußerstes Genauigkeit die Eigentums-und Besitzverhältnisse des Klosters im 18. Jahrhundert. Das Kloster zeigt sich im Atlas als wirtschaftlich autarke Organisation. Es wird deutlich, dass die Zisterzienser »eine sehr Weltzugewandte Mönchsgemeinschaft waren, […] die Himmel und Erde auf sehr produktive Weise miteinander zu verbinden« verstanden (Lindemann, 2021, V).
Die ursprüngliche Funktion des Neuzeller Stiftsatlas bestand darin, bestehende Grenzen von Feldern, Wiesen und Wäldern im Besitz des Stiftes aufzuzeigen und somit Rechtsverhältnis zu klären. Die Kloster Administration versuchte, durch die Vermessung des gesamten Stiftsgebietes ihre Herrschaft zu sichern (Crom, Klemp, 2021).
Wie ein Netz ziehen sich Verbindungen von Neuzelle zu zahlreichen anderen Tochterklöstern. Kloster Neuzelle verfügt über umfangreiche Besitzungen und Ländereien im Gebiet des heutigen Landkreis Oder-Spree. Ich habe exemplarisch eine Karte mit der Stadt Fürstenberg an der Oder ausgewählt, heute ein Stadtteil von Eisenhüttenstadt.Gebiete, die mit dem Symbol H gekennzeichnet sind, befinden sich im Besitz des Klosters. Neuzelle bezieht wie gesamte Orden der Zisterzienser seine starke Stellung somit aus einem Netzwerk an Dependancen und seiner wirtschaftlichen Macht als weltlicher Grundherr — Sakrales Big Business.
Die Karten im Atlas, der sich heute im Bestand der Staatsbibliothek zu Berlin befindet, besitzen das Format 34,4 × 24,1 cm. Sie sind »auf Papier gezeichnet, koloriert und auf Leinen aufgezogen« (Crom, Klemp, 2021). Für die Mitte des 18. Jahrhunderts demonstriert der Atlas eine ausgezeichnete Messgenauigkeit. Es handelt sich damit für Historiker um eine »hervorragende Quelle für die Landeskunde des 18. Jahrhunderts« (Crom, Klemp, 2021). Der zweite Mehrwert liegt in der »Aura des Besonderen«
Das Haptische, dass In-den-Händen-Halten und sei es ein Faksimile, versetzt den Geist des Betrachters sofort in eine andere Zeit«. Das bringt dem Betrachter Freude und Genuss.
(Crom, Klemp, 2021)
Didaktische Umsetzung im Geschichtsunterricht
Wie lässt sich diese Begeisterung auf die Schüler im Geschichtsunterricht am Gymnasium nutzbar machen? Am besten mit einem kleinen Karten-Such-Quiz. Betrachten Sie die folgende Karte aus dem Atlas und begeben Sie sich auf die Suche:
- Mit welchem lateinischen Namen bezeichnet die Karte Neuzelle?
- Finden Sie die heutige Stadt Frankfurt (Oder) auf der Karte.
- In welcher böhmischen Kapitale befindet sich ebenfalls ein Kloster der Zisterzienser?
Referenzen
Crom, Wolfgang, Egon Klemp, 2021, Der Neuzeller Stiftatlas – ein hervorragendes Quellenwerk für die Landeskunde des 18. Jahrhunderts. In: Stiftung Stift Neuzelle (Hrsg.), Atlas des Zisterzienserstifts Neuzelle. 2. Auflage, Berlin: vbb, S. VII-IX.
Grateloup, Christian, 2023, Karte »Der Zisterzienserorden: Mutter und Töchter«. In: Ders., Die Geschichte der Welt. Ein Atlas. München: C.H. Beck, S. 159.
Lindemann, Rolf, [Vorwort]. In: Stiftung Stift Neuzelle (Hrsg.), Atlas des Zisterzienserstifts Neuzelle. 2. Auflage, Berlin: vbb, S. V.
Stiftung Stift Neuzelle (Hrsg.), Atlas des Zisterzienserstifts Neuzelle. 2. Auflage, Berlin: vbb.