Das Zeitalter der Aufklärung, oder Erleuchtung (von englisch Enlightment) beschreibt eine Epoche neuen Denkens und wissenschaftlichen Arbeitens im 17. und 18. Jahrhundert. Das Deutsche Historische Museum (DMH) in Berlin teilt vom 18. Oktober 2024 bis Ende Februar 2025 erlesene Exponate aus jener Epoche mit seinen Besuchern. Für diesen Post habe ich sechs Exponate ausgewählt. Anhand dieser sechs zeitgenössischen Quellen beleuchte ich die neue DHM-Ausstellung.
1789 stürmten bewaffnete Männer und Frauen die Bastille im Herzen von Paris, in der Hoffnung, politische Gefangene der verhassten Bourbonen zu befreien, und – um in einem vor allem symbolischen Akt – ein Sinnbild des antidemokratischen Absolutismus zu bezwingen. In der Festung befanden sich zu diesem Zeitpunkt lediglich sieben Gefangenen. In sehr viel größere Zahl lagerte die Staatsmacht dort pornografische, politisch-satirische und philosophische Schriften, die den Argwohn der Zensur erregt hatten. Das Bild vom Sturm auf die Bastille avancierte zum Sinnbild der Französischen Revolution. Eine Reproduktion des Originalschlüssels der Bastille, unsere erste Quelle, erhielt George Washington, der erste Präsident der Republik USA später als Geschenk und Anerkennung für seine Leistungen bei der Etablierung der neuen Staatsform Republik in 13 ehemaligen britischen Kolonien.
Im gleichen Jahr 1789 veröffentlicht der umtriebige Chemiker Antoine Lavoisier seine Erkenntnisse über den Erhalt der Masse bei chemischen Reaktionen. Durch präzise Messungen mit einer sorgfältig geeichten Waage demonstriert Lavoisier in Experimenten, dass Masse etwa bei Oxidationen von Metallen nicht verschwindet, sondern in den Reaktionsprodukten erhalten bleibt. Lavoisier etablierte damit die Kernelemente moderner empirischer Wissenschaften: sorgfältiges beobachten, messen und wiederholbares experimentieren. Die Chemie geht in Folge dieser »Erleuchtungen« im 17. und 18. Jahrhundert den endgültigen Schritt von der mittelalterlichen Alchemie zur modernen Grundlagenforschung. Lavoisiers Präzisionswaage glänzt als Exponat und zweite Quelle unserer Zeitreise somit hell wie eine Stoffprobe oxidierenden Eisens.
Friedrich II., König von Preußen, verkörpert den Prototyp eines »aufgeklärten Monarchen«. Er erkannte früher als andere Monarchen den Wert der importierten Nutzpflanze Kartoffel für die Ernährung seiner »Untertanen«. Er pflegte eine anregende, wenn auch nicht immer spannungsfreie enge Bekanntschaft, ein weiterer Modebegriff der Aufklärung, mit dem französischen Philosophen und Lästermaul Voltaire. Von dieser »wohlkalkulierten Freundschaft« (Kättlitz, 2024) erhoffte Voltaire sich Schutz (Voltaire handelte mit illegalen Wertpapieren), Renommee und Policy-Impact. Friedrich II. wiederum trieb ein durchaus aufrichtiges Interesse an den Idealen der Aufklärung. Die Figurengruppe Friedrich II und Voltaire, unsere Quelle 3, entstanden um 1767, aus der Volkstedter Porzellanfabrik veranschaulicht diese Bekanntschaft, die Friedrich den Spitznamen »Philosophenkönig« einbrachte.
In Preußen endete die Aufklärung bereits kurz nach dem Ableben des Alten Fritzen. Sein Sohn Friedrich Wilhelm II. erließ 1788 ein »erneuertes Zensur-Edict für die Preußischen Staaten exclusive Schlesien«. Die Verordnung schränkte die Presse- und Publikationsfreiheiten in Preußen wieder ein. Unsere Quelle 4 setzte damit einen Schlussstrich unter die lebhaften Debatten unter besitzenden und gebildeten Bürgern, die sich in Salons und Kaffeehäusern, in Büchern über Lüttich vertriebene Bücher, billigen Raubdrucken und Zeitungen vollzog.
Jochen Kalbitz merkt in seiner Ausstellungskritik in der FAZ zu Recht an, dass die Aufklärung bereits im 17. Jahrhundert anläuft. Als bestes Beispiel dafür dient sicherlich ein wegweisendes Werk des Briten John Locke.
In seinen »Zwei Abhandlungen über die Regierung«, die uns das DHM im englischen Original präsentiert (»Two Treatise of Government«), formuliert Locke bereits 1690 die Grundlagen der modernen Gewaltenteilung, die wir später in Montesquieus französischem Werk »Über den Geist der Gesetze« – in der Ausstellung natürlich ebenfalls zu bewundern in der französischen Originalausgabe »De L’Esprit des Loix« (Quelle 6) – wieder finden werden.
Fazit: die Ausstellung teilt »atemberaubende« Exponate – wenn man historisches Vorwissen mitbringt. Schüler der Klasse 7 werden diese Begeisterung kaum teilen (können), dafür kommt die Ausstellung zu sehr im traditionellen Modus daher. Wer in Klasse 11 bereits Locke, Montesquieu, Rousseau mit Erkenntnisgewinn als Quellen analysiert hat, wird einige Aha-Effekte erleben.