Der neueste Trend bei der Abfallwirtschaft ist die Müllvermeidung. Statt Müll sicher (Stichwort Entsorgungssicherheit) und zugleich kostengünstig zu entsorgen, geht es jetzt darum, Müll gleich ganz zu vermeiden. In diese Kerbe schlägt die geplante Reform des deutschen Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG), die heute vorgestellt wurde (Pressemitteilung BMU Nr. 028/20 Abfallwirtschaft vom 12.02.2020, https://www.bmu.de/pressemitteilung/novelle-des-kreislaufwirtschaftsgesetzes-legt-grundlagen-fuer-weniger-abfall-und-mehr-recycling/ ). Produzenten sollen stärker als bisher in die finanzielle Pflicht genommen werden, für die Entsorgung ihrer Produkte zu bezahlen. Konkret geht es um die Hersteller von To-Go Einwegplastikbechern meistens für Kaffee, Zigaretten, aber auch Kaugummis. Bisher trägt die Allgemeinheit die Kosten der Entsorgung von Einwegbechern, Zigarettenkippen und Kaugummis im öffentlichen Raum. Die Kosten werden von den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern (örE) bzw. den beauftragten Firmen an alle Kunden weitergereicht. Ein Pay-as-you-throw Gebührensystem gibt es bei öffentlichen Mülleimern in Deutschland bisher nicht. (In London gibt es im Zentrum gar praktisch gar keine öffentlichen Mülleimer mehr, das wäre eine Variante, das hat man aber wohl eher aus Gründen der Terrorabwehr gemacht.) Außerdem sollen Versandhändler dazu verpflichtet werden, zurückgesendete Waren erneut zu verkaufen und nicht wegzuschmeißen.
Das Kreislaufwirtschaftsgesetz steckt den gesetzlichen Rahmen für solche Maßnahmen zur Müllvermeidung ab. Die konkrete Ausgestaltung um Umsetzung der Maßnahmen erfolgt durch Verordnungen.
Die Novelle des Kreislaufwirtschaftsgesetzes bedient sich also der klassischen staatlichen Instrumente zur Steuerung von Abfallströmen im engeren Sinne. Das Ordnungsrecht und solche „normative Gebote und Verbote zur direkten Verhaltensregulierung“ stehen auch weiterhin im Zentrum abfallwirtschaftlicher Steuerungsmaßnahmen, um weniger Müll und eine höhere Recyclingquote zu erreichen. (Laufs, 2010, S. 24)
Ein weiteres staatliches – und vielversprechenderes – Instrument der zur Abfallvermeidung ist das öffentliche Beschaffungswesen. Die öffentliche Hand ist eine Marktmacht. Die 6.000 Beschaffungsstellen des Bundes sollen in Zukunft recycelte Produkte anschaffen, allerdings nicht um jeden Preis. Das kurbelt den Markt für Sekundärressourcen an und hat vor allem eine Vorbildfunktion.
Solche Ansätze zur Müllvermeidung gibt es auch auf kommunaler Ebene. Die Abfallwirtschaftskonzepte der örE müssen nach geltendem Kreislaufwirtschaftsgesetz ebenfalls Maßnahmen zur Müllvermeidung auflisten. Kommunen können Abfall vermeiden, indem sie z. B. keine Wegwerfprodukte im Bürobereich verwenden, Papier doppelseitig bedrucken, in der Kantine keine Einwegverpackungen und Besteck verwenden. „Speziell im Baubereich sind durch entsprechende Ausschreibungsformulierungen Altmaterialien (z. B. aufbereitetes Material) dem Neuprodukt vorzuziehen.“ (Bidlingmaier, 2010, S. 81) Allerdings gibt es eine Reihe von Problem bei der Umsetzung solcher Maßnahmen: „Bezugsquellen für Recyclingmaterial und -produkte sind häufig unbekannt; gleichzeitig bestehen oftmals Verträge mit Firmen, welche die Recyclingprodukte nicht führen. Kostenvorteile sind häufig nicht erkennbar.“ (Bidlingmaier, 2010, S. 81).
Welche konkreten Erfahrungen mit der Müllvermeidung gibt es also in der kommunalen Verwaltung? Diese und andere Fragen untersucht das laufende Forschungsprojekt „Municipal Waste Management“ an der Higher School of Economics in Moskau.
Zitierte Literatur
Bidlingmaier, W. (2010). Abfallvermeidung. In M. Kranert, & K. Cord-Landwehr, Einführung in die Abfallwirtschaft (S. 73-90). Wiesbaden: Vieweg+Teubner.
Laufs, P. (2010). Politische Ziele, Entwicklungen und rechtliche Aspekte. In M. Kranert, & K. Cord-Landwehr, Einführung in die Abfallwirtschaft (4. Ausg., S. 1-29). Wiesbaden: Vieweg+Teubner.