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Buchbesprechung: Manow, Philip, Die Politische Ökonomie des Populismus. 2018

Manow, Philip, Die Politische Ökonomie des Populismus. 2018: Suhrkamp Verlag. ISBN: 9783518759943, 160 Seiten.

Zum Autor

Philip Manow ist Professor für Politische Wissenschaft an der Universität Bremen. Er leitet dort die Abteilung Politische Ökonomie des Wohlfahrtsstaates.

In der Kürze liegt die Würze

Philip Manow ist sehr gut darin, umfangreiche Themen in kurzen Büchern abzuhandeln. Dieses Jahr hat er im Suhrkamp Verlag auf rund 160 Seiten beschrieben, was er unter der (Ent-)Demokratisierung der Demokratie versteht. N. Taleb gönnte sich 2013 zum Vergleich fast 700 Seiten, um seine Theorie der Antifragilität zu entwickeln und zu erläutern. Taleb ist ohne Frage ein sehr unterhaltsamer Autor, aber ich goutiere es, wenn Autoren mit 200 Seiten oder weniger auskommen. Die Chance, dass ich das Buch am Stück durchlese und dann besprechen möchte, ist einfach größer! Deshalb habe ich bereits Manows aktuelles Buch in einem früheren Post besprochen.

Bereits 2018 entwickelt Philip Manow, ebenfalls im Suhrkamp Verlag und ebenfalls auf nur 170 Seiten, eine Politische Ökonomie des Populismus. Beide Bücher stehen somit in einem engen thematischen Zusammenhang. Und deshalb bespreche ich hier nun auch dieses Buch:

Was ist Populismus?

Manow gibt im ganzen Text leider keine explizite Definition für den Begriff Populismus. Aber seine implizite Definition lässt sich m. E. wie folgt beschreiben: Populismus ist Protest gegen Migration, oder verschärfte Weltmarktkonkurrenz.

Eine Politische Geografie des Populismus

Manow entwirft eine Politische Geografie des Populismus. Seine zentrale Beobachtung und zugleich Annahme ist, dass Populismus keine einheitliche Form hat. Populismus ist für Manow also keine Herrschaftsform oder Art, Politik zu machen, die überall mehr oder weniger gleich praktiziert wird. Die Art und Weise von Populismus unterscheidet sich, und zwar im Wesentlichen zwischen Nord- und Südeuropa. Er unterscheidet in seiner „Politischen Geografie des Populismus“ grob zwischen zwei Spielarten des Populismus: Rechtspopulismus im Norden und Linkspopulismus im Süden Europas.

„Im Süden ist der Populismus tendenziell links, im Norden tendenziell rechts“ (S. 34)

Das erste Kernargument des Buches lautet also: Populismus ist nicht gleich Populismus. Das zweite Kernargument besagt, dass jedes Land in Europa den Populismus hat, den sein Arbeitsmarkt- und Wohlfahrtsstaatmodell „verdient“.

„Es gilt das Anna-Karenina-Prinzip: Jede Politische Ökonomie ist auf ihre ganz eigene Art unglücklich.“ (S. 21)

Denn „Migration wird dort politisch zum Problem, wo der Wohlfahrtsstaat großzügig und zugänglich ist (Kontinental- und Nordeuropa)“ (S. 18)

„[D]ie Effekte der Migration [sind] wesentlicher Teil der Erklärung [von Populismus]. (S. 22)

Philip Manows Vorschlag lautet, „sich auf eine Betrachtung der verschiedenen Kapitalismen einzulassen, um die unterschiedlichen Populismen zu erklären“ (S. 33).

Rechtspopulismus im Norden

Im „Norden“ (dazu zählt Manow Deutschland, Dänemark und Skandinavien) gibt es hohe Produktivität, Weltmarktorientierung und das sozialpolitische Leitbild der Statussicherung (in Deutschland zumindest bis zur Agenda 2010). Der universalistische Wohlfahrtsstaat kompensiert die Risiken einer starken Weltmarktoffenheit.

Im Norden Europas protestieren Arbeitsmarkt-Insider dagegen, dass Sozialflüchtlinge von einem ausgebauten universalistischen Wohlfahrtstaat profitieren, zu deren Aufbau sie nicht beigetragen haben. Das fällt bei Manow unter den Begriff Rechtspopulismus. Insider sind Beschäftigte, die durch starke Gewerkschaften und starken gesetzlichen Kündigungsschutz praktisch unkündbar sind, also Facharbeiter bei Mercedes oder Porsche z. B. Das Gegenteil sind die sog. Outsider, sie kommen über befristete Jobs meist nicht hinaus bzw. nicht in dauerhafte, gut entlohnte Arbeitsverhältnisse hinein. Jugendliche unter 25 Jahre in Italien sind ein klassisches Beispiel für Outsider am Arbeitsmarkt.

Linkspopulismus im Süden

Im Süden ist der Sozialstaat schlecht ausgebaut, zersplittert und bedient die eigene (politische) Gefolgschaft (Klientel, daher klientelistischer Sozialstaat). Das Wachstumsmodell basiert auf Binnennachfrage und Staatsverschuldung. Hier protestieren die Menschen eher gegen die Austeritätspolitik und Reformvorstellungen der Europäischen Union und den ungehinderten Güter- und Warenverkehr innerhalb der EU. Das fällt bei Manow unter den Begriff Linkspopulismus.

Und Deutschland?

Für Deutschland ergibt sich ein uneinheitliches Bild. Der Text reduziert sich hier im Wesentlichen auf die Frage, „Wer wählt die AfD?“. Viele potentielle Erklärungsfaktoren für den Wahlerfolg der AfD erweisen sich nicht als erklärungskräftig. Einer der empirischen Befunde lautet aber: In Gegenden, in den vor 20 Jahren viele Leute keine Arbeit hatten, erhielt die AfD 2017 viele Zweitstimmen bei der Bundestagswahl.

Plus und Minus

Neben seiner Kürze, hat das Buch zwei konzeptionelle Stärken: es ist erstens theoriebasiert und zweitens datengetrieben. So illustriert Manow mit einer einzigen Abbildung (Schaubild 5.1), dass die nach Europa Geflüchteten ganz ohne Studium der verschiedenen europäischen Wohlfahrtsstaatsmodelle wissen, wo sie hinwollen. Sie gehen ganz einfach dahin, wo der Sozialstaat am großzügigsten ist, d.h. nach Schweden, Norwegen, Deutschland oder Belgien. Diese Länder haben die meisten Flüchtlinge pro 1.000 Einwohner aufgenommen und zugleich die generösesten Wohlfahrtsstaaten (nach den Berechnungen von Lyle Scruggs im Comparative Welfare Entitlements Dataset (CWED)).

Dass es an einer klaren Definition davon fehlt, was Populismus denn genau ist, schwächt das Buch etwas. Manow stellt so sehr auf die Unterschiede der Populismen in Nord und Süd ab, dass er vergisst, darzulegen, ob und welche Gemeinsamkeiten es zwischen beiden Phänomenen gibt. Aber das mindert nicht den sehr positiven Gesamteindruck. Das Buch leistet einen relevanten Beitrag zur Demokratie- und vergleichenden Wohlfahrtsstaatforschung. Das Buch eignet sich daher m. E. sehr gut etwa als Lektüre für Lehrveranstaltungen zum Thema demokratisches Regieren, Politischer Ökonomie oder vergleichender Wohlfahrtsstaatsforschung.

How to cite

Tim Jäkel. 2020. Buchbesprechung: Manow, Philip., Die Politische Ökonomie des Populismus. 2018: Suhrkamp Verlag. ISBN: 9783518759943, 160 Seiten. Abgerufen von https://publicsector-research.net/buchbesprechung-manow-philip-die-politische-okonomie-des-populismus-2018/ am 26. August 2020. [Datum anpassen!]

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Buchbesprechung: P. Manow, (Ent-)Demokratisierung der Demokratie

Manow, P., (Ent-)Demokratisierung der Demokratie: Ein Essay. edition suhrkamp. 2020, Berlin: Suhrkamp. Ebook. 170 Seiten. eISBN 978-3-518-76552-4.

Zum Autor: Philip Manow ist Professor für Vergleichende Politische Ökonomie an der Universität Bremen und leitet das dortige SOCIUM Research Center on Inequality and Social Policy. Vorher hatte er kurzzeitig Professuren in Heidelberg (Politische Theorie) und in Konstanz inne.

Nach seiner „Theorie des Populismus“ (2018, ebenfalls im Suhrkamp Verlag) beschäftigt Manow sich in seinem aktuellen Buch mit etwas Paradoxem, nämlich dass demokratische Gesellschaften einerseits immer demokratischer werden, aber die Demokratie gleichzeitig immer undemokratischer wird. Er nennt sein Buch im Untertitel einen Essay, aber das trifft m. E. nur auf die hintere Hälfte des Buches zu.

Der breitere Kontext des Buches ist die Diskussion über die Krise der Demokratie (so das Buch von Adam Przeworski von 2019), über Populismus, die Klagelieder über die abnehmende Bindewirkung der „etablierten Parteien“ und „Wutbürger“, also Menschen, die am öffentlichen Leben nicht mehr bewusst teilhaben wollen oder können, aber dann manchmal doch auf Demonstrationen auftauchen und auf Telegram Dinge gut finden, die man als politisch inkorrekt bezeichnet.

Die Argumentation und zentralen Befunde des Buches: Im ersten Kapitel führt uns P. Manow knapp 250 Jahre in der Geschichte (der Demokratie) zurück ins 18. Jahrhundert: In eine Zeit, in der der Demokratie zuerst Nichtherrschaft des Volkes bedeutete. „Die Frage der Demokratie lautete […] zunächst, wie das Volk regiert, ohne dass das Volk regiert“ (S. 24) Die Lösung des Problems, wie man das gemeine Volk von der Herrschaft ausschließt, war die Idee der Repräsentation. „Demokratische Repräsentation war also ursprünglich die Lösung eines Problems, das ‚Pöbel‘ oder ‚Menge‘ heisst“ (S. 24). Das hatte zwei Dinge zur Folge: zum einen gibt es in der repräsentativen Demokratie immer eine potentielle Repräsentationslücke, das bedeutet, die Vertreter des Volkes vergessen ihre Wähler. Zum anderen stellen sich die politischen Entscheider die Frage: Wer ist eigentlich repräsentierbar, und wer nicht? Volk ist aber nicht gleich Pöbel; Pöbel ist im zeitgenössischen Diskurs, wer außerhalb der Ehre der Arbeit steht. „Für Kant rechtfertigte das unbürgerliche Verhalten den Ausschluss von der politischen Teilhabe“ (S. 26). Bei Marx und Engels läuft das unter dem Begriff Lumpenproletariat. Die Idee der Volksrepräsentation verstanden als Exklusion des Pöbels – das war im 18. Jahrhundert transatlantischer (intellektueller) Konsens (E. Burke, Ch. Madison, u.a.).

Aus dem 18. Jahrhundert geht es dann zurück ins 21. Jahrhundert. Heute wählen viele Menschen D. Trump. Das gefällt nicht allen. P. Manow weist aber darauf hin, dass man nicht „eine ganze Wählerschaft für getäuscht, unzurechnungsfähig oder moralisch verkommen“ erklären kann, methodisch nicht und demokratietheoretisch nicht (S. 12).

P. Manow diagnostiziert, wie viele andere, die er ausgiebig zitiert und belegt, eine „Krise der Repräsentation, der Funktions- und Legitimationsverlust bewährter Artikulations- und Repräsentationsinstanzen (der politischen Parteien, der Parlamente, der Presse)“ (S. 15). Dabei macht P. Manow deutlich: „Die Populisten sind nicht das Problem der repräsentativen Demokratie […] Sie zeigen nur, dass sie eins hat“ (S: 16). „Die Demokratie, wie wir sie bislang kannten, funktioniert nicht mehr richtig.“ Funktionskrise bedeutet, das Prinzip „repression by government funktioniert nicht mehr wie gewohnt“ (S. 34). Es gibt zwei gleichzeitige, je nach Geschmack paradoxe oder dialektische, Entwicklungen: einerseits Demokratisierung, andererseits Entdemokratisierung. Diese Gleichzeitigkeit ist die „paradoxe Folge des Sieges der Demokratie über aller alternative Formen der Herrschaftslegitimation“ (S: 17). „Demokratisierung bezeichnet schlicht die Ausweitung von Partizipationschancen bzw. den Kollaps tradierter Exklusionsmechanismen.“ (S. 17) In der „demokratischen Demokratie“ gibt es also eine „massive Ausweitung von Chancen zur politischen Partizipation und Kommunikation“ (S. 39). Das Problem der Demokratisierung der Demokratie ist dabei das Problem der Partizipation ohne Repräsentation und der beständigen Ausweitung dieser Partizipation, so P. Manow (S. 35). „[D]ie Primärfunktion der Repräsentation [war] zunächst [die] Exklusion [des sog. Pöbels] (S. 40); und der meldet sich jetzt immer mehr zu Wort, weil es immer mehr Partizipationsmöglichkeiten gibt. „Die Zugangshürden für die Teilnahme am öffentlichen Diskurs sind drastisch gesunken.“

Die These von P. Manow lautet, dass diese Ausweitung der Partizipationschancen die Demokratie „zu bedrohen scheint“. Das ist aber das Paradoxe, es gibt Demokratisierung und Entdemokratisierung gleichzeitig. Das erste geht mit dem zweiten einher, u.a. deshalb, weil der Staat an Bedeutung verliert, er hegt Interessenkonflikte und öffentlichen Diskurs nicht mehr so ein wie früher (S. 116). „Der Pöbel kehrt lautstark wieder, weil die Macht keine Integrationsangebote mehr unterbreiten will oder kann“ (S. 116). Wenn man heute nicht mehr beschränken kann, wer mitentscheidet, dann kann man aber immer noch beschränken, über was entschieden wird“ (S. 37). Damit ist sozusagen die technokratische Lösung gestiegener partizipatorischer Erfordernisse demokratische verfasster Gesellschaften umschrieben.

Kommentare und Anmerkungen zum Buch: Bis 1989 bzw. 1991 konnte sich „die Demokratie“ als bessere Alternative zu anderen Herrschaftsformen z. B. in der DDR, der Sowjetunion, in China, Jugoslawien oder Südafrika präsentieren. Heutzutage, so P. Manow, „droht der Demokratie Gefahr nur noch von der Demokratie selber“ (S. 93) P. Manows Buch zielt also auf das „Binnenverhältnis“ der Demokratie ab, und ist insgesamt auch überzeugend. Allerdings kontrastiert es auch mit einem anderen Trend in der vergleichenden Forschung zu politischen Systemen. Denn was ist mit den sog. neuen Willkürherrschaften (new despotism), wie sie John Keane in seinem Buch von 2019 bezeichnet hat? Laut Keane sind diese scheinbar attraktiven alternativen Formen von Herrschaftslegitimität ja so gefährlich, wie sie demokratische Praktiken erfolgreich imitieren und gleichzeitig scheinbar besser „liefern“. Also, gibt es doch wieder scheinbar verlockende alternative Herrschaftsformen, mit denen sich die liberalen Demokratien herrlich in ihrem Außenverhältnis beschäftigen können? Denn genau das tun sie mit größter Inbrunst und Wonne, siehe Hongkong und Belarus.

Der Gewinn an P. Manows Buch ist, dass sich genau auf das Binnenverhältnis der Demokratie konzentriert. Der erste Teil des Buches argumentiert klar und überzeugend. Und P. Manow belegt seine Aussagen kurzweilig und detailliert an den Beispielen Corbyn, Trump und Macron, also an empirischer Evidenz aus Kerndemokratien. Der zweite Teil des Buches ist dann tatsächlich ein Essay, ohne eindeutige Fragestellung und mit zu vielen losen Enden.

Insgesamt aber ein lesenswerter und interessanter Beitrag zur politischen Theorie demokratischer Gesellschaften in der westlichen OECD-Welt.

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Nachhaltige Verkehrspolitik – gibt’s das in Moskau?

Weniger CO2, das bedeutet weniger Autos in der Stadt. Das ist aber leichter gesagt, als getan. Wenn es keinen ausgebauten ÖPNV gibt, können und werden die Menschen selbst beim besten Willen auch nicht vom eigenen Verbrenner auf Bus und Bahn umsteigen. Elektromobilität sind auch keine echte Alternative, denn Elektroautos lösen zwei anderen Hauptprobleme individueller Mobilität nicht: auch Elektroautos verstopfen erstens die Straßen und stehlen zweitens allen anderen Menschen knappen öffentlichen Raum. Und drittens sind Elektroautos teuer(er) und kaum was für Geringverdiener. Die vielzitierte alleinerziehende Krankenschwester braucht also eine andere Alternative.

Nur ÖPNV ist wirklich nachhaltig und sozial. Eine nachhaltige und soziale Stadt ist also eine Stadt, die den öffentlichen Nahverkehr nicht nur erhält, sondern systematisch und mit einer klaren Vision ausbaut und beständig verbessert. Das sind ganz vielfältige Maßnahmen: Dieselbusse ersetzt man durch Elektrobusse, eine Buslinie fährt alle 20 Minuten statt alle 30 Minuten, die alte Straßenbahn wird durch eine moderne und bequeme Niederflurbahn ersetzt. Oder man baut neue Metrolinien dahin, wo es bisher noch keine Metrolinie gab.

Und genau macht Moskau. Seit 2018 wird noch mehr gebuddelt und gebohrt. Es entsteht die 14. (sic!) Metrolinie in Moskau. Sieht führt von der ebenfalls neuen, 2016 eröffneten Moskauer S-Bahn Ringlinie MZK, nach Südwesten bis hinaus ins Moskauer Umland. Moskaus Prestigeboulevard Leninskij Prospekt fehlte schon immer eine Linie, jetzt bekommt er also zumindest teilweise eine.

Im Einsatz sind vier Tunnelbohrmaschinen, bis Ende 2021 sollen große Teile fertig sein. Dass das erst gemeint ist, unterschreibt wahrscheinlich jeder, der an einer der zahllosen Metro-Baustellen wohnt, die Moskau bevölkern. Denn zeitgleich wird auch an der zweiten, der äußeren Metro-Ringlinie gebaut, die in Teilen schon in Betrieb ist.

Das ist also zumindest langfristig alles sehr gut für Pendler und alle Menschen in Moskau.

Aber was bedeutet das alles aus einer politikwissenschaftlichen Governance Perspektive? Erstens, zeigt sich exemplarisch Russlands Managementstyle: Dieser besteht im Wesentlichen darin, aller verfügbaren Ressourcen zu mobilisieren, um ein Ziel zu erreichen. „Wir gewinnen einen ausweglosen Krieg, wir fliegen als erste ins All, wir bauen eine neue Metro“ – Wenn Russen von etwas überzeugt sind, dann tun sie es auch. Es ist nicht unbedingt effizient, wie alle verfügbaren Ressourcen mobilisiert werden, aber es ist ziemlich effektiv.

Zweitens, partizipative Verfahren spielen bisher keine große Rolle. Logik: „Du willst nicht ständig im Stau stehen und schneller zu Arbeit? Dann beschwer dich nicht über eine Baustelle.“ Drittens, und in diesem Sinne, gibt man nicht viel auf die kurz- und mittelfristigen Kosten, die Anwohnern durch die Baustellen entstehen: Fußgängerweg zu, Baulärm rund um die Uhr.

Aus einer vergleichenden Perspektive stellt sich abschließen folgende Frage: Sind demokratische politische Systeme wie Deutschland in der Lage, Nachhaltigkeitsstrategien effektiv, aber auf Grundlage partizipatorischer Prozesse und unter Berücksichtigung der Wechselwirkungen mit Sozialpolitik umzusetzen? Oder haben hybride Regime oder die sogenannten neuen Willkürherrschaften (John Keane) hier einen scheinbaren Performanz-vorsprung? Aber vielleicht ist das alles auch gar nicht wirklich nachhaltig? Fotos und Details (auf Russisch) zur neuen Metrolinie gibt jedenfalls unter https://www.mos.ru/mayor/themes/231299/6687050/ (abgerufen 04.08.20).